Nori's Sicht:
Der Zug nach Belgrad führt uns über flache, landwirtschaftlich genutzte Gebiete, es ist neblig und viel sehen wir nicht. An der Grenze werden unsere Pässe zuerst von den Kroaten und ein paar Minuten später nochmal von den Serben eingesammelt, beim zweiten Mal bekommen wir sie mit einem kleinen Stempel drin zurück. Während wir an der Grenze warten beobachte ich den Bahnhof: Mehrere junge Männer stehen neben dem Perron, als würden sie nicht auf den Zug, sondern auf etwas ganz anderes warten. Sie tragen alle eher keine winterfeste Kleidung. Sie scheinen sich das Warten gewohnt zu sein. Alex hat mir erzählt, dass die serbisch-kroatische Grenze sehr beliebt ist für Flüchtlinge, um in die EU zu gelangen. Ich sehe hier an der Grenze zwar keine Zeltstadt, aber irgendwie macht das Warten dieser Jungen Männer plötzlich Sinn. Oder gar keinen mehr, je nachdem. Ich bin gleichzeitig dankbar und unangenehm berührt, dass mir mein Schweizer Pass das Überschreiten von Grenzen so leicht macht.
Der Zug fährt weiter, wir essen unser Picknick vom Markt und lesen. Bei der Ankunft erwischen wir irgendwie den Hinterausgang des Bahnhofs und dann auch noch gerade ein Fake-Taxi der uns den dreifachen Preis bezahlen lässt. Wir waren dumm genug und haben nicht nachgeschaut was der Wechselkurs ist, deshalb können wir die verlangte Summe nicht wirklich einschätzen. Dem Typ ist sichtlich unwohl, aber er insistiert, das sei der richtige Preis, ca 15-20 Euro habe er doch gesagt. Wir kapitulieren irgendwann und geben ihm das Geld. Kein besonders netter Einstieg in Serbien. Das Hostel ist aber sehr angenehm, auch wenn in unserem Schlafsaal einige kuriose Gestalten anzutreffen sind: Da ist der Rentner aus Neuseeland oder Dänemark (so genau konnte er uns das nicht sagen), der mit zwei vollen Koffern herumreist ohne wirkliches Ziel und unter anderem einen Laptop mit Drucker, aber auch einen Fernseher mitschleppt. Speziell daran ist, dass er sich mit all seinen technischen Apparaten auch das Bett teilt. Er ist aber sehr hilfsbereit und sehr mitteilungsfreudig. Wir können uns dennoch nicht entscheiden, ob die Gespräche mit ihm wirklich interessant sind, oder wir ihn nur diagnostizieren wollen. Dann gibt es den Inder, der im Anzug im Dorm schläft, der das 5-Fache des Preises für ein Taxi zahlen musste und sich mit uns zusammen nervt, der sich um neun Uhr abends schlafen legt, aber um 5 Uhr morgens laut im Bett telefoniert bis ihn der Rentner schimpfend rausjagt. Der schüchterne Chinese, der seit einer Woche das Hostel nicht verlässt, weil er eigentlich nur auf sein Visum für Kroatien wartet. Die Serbin, die in Belgrad eine Ausbildung als Croupier macht, damit sie in der Schweiz (Luzern soll ein guter Ort dafür sein) in den illegalen serbischen und bosnischen Casinos schwarz arbeiten und das 4fache ihres üblichen Gehalts verdienen kann. Dann der Bengali und der Afghane, die sich in Belgrad vor ein paar Tagen kennengelernt haben und nun ein "Business" zusammen aufziehen wollen. Was genau wissen sie noch nicht, einfach was mit Tourismus. Der Bengali redet viel zu viel. Der Afghane ist eher ruhig und schön. Sie kochen für das ganze Hostel und es ist köstlich! Nichts gegen kroatische oder serbische Küche, aber gerade punkto vegetarisch können sie sich eindeutig nicht mit einer afghanisch-bengalischen Allianz in der Küche messen. Der Bengale fragt, warum wir nicht auch Paki- und Afghanistan bereisen, um alle Stans bereist zu haben, da wird der Afghane (der übrigens sechs Sprachen spricht) das einzige Mal laut und sagt: "No! Please don't go to Afghanistan!" Er relativiert es später und meint der Wakhan Korridor im Norden des Landes, eingeklemmt zwischen Tadschikistan, Pakistan und China sei sicher.
Sava und Donau vereinen sich - La Save et le Danube confluent Unsere drei Tage in Belgrad verbringen wir mit laufen. Manchmal ist es wunderschön, manchmal ist es hässlich. Oft ist es schmutzig und laut. Der angekündete Smog hält sich eigentlich in Grenzen, und doch ist es ein seltsames Licht, hier in Belgrad. Irgendwie gelblich, alt. Oder ist es nur das Winterlicht? Es gibt der Stadt etwas Nostalgisches, unterstützt von den verfallenden Häusern, den überdimensionalen, sowjetisch angehauchten Monstrositäten alias Gebäuden. Und doch ist es auch sehr europäisch, vor allem die Flusspromenade bei Zemun könnte irgendwo in Österreich sein (nicht ganz ohne Grund wenn man alte Grenzverläufe anschaut). Und auch der östliche Einfluss ist bereits spürbar, den Kaffee trinkt man zum Beispiel türkisch (ebenfalls nicht ohne Grund nach langer Zeit unter osmanischer Herrschaft). Belgrad ist eine Stadt zwischen zwei Welten, eine Mischung aus West und Ost, aus neu und alt. Sie ist zugleich chaotisch und laut, dreckig, verletzt und arrogant, sowie ehrwürdig und elegant, verspielt und voller Leben. Sie birgt längst vergangene Schätze und ein Versprechen für die Zukunft. Sie ist eine der interessantesten Städte, die es im Jetzt zu erleben gibt.
Post und Parlament - La Poste et le Parlament Nachmittagslicht - Lumière de l'après-midi In den Restaurants wird geraucht was das Zeug hält. Immerhin riechen die Kleider dann nicht nach frittiertem Fleisch. Trotzdem ist es für das 21. Jahrhundert sehr unfortschrittlich, vor allem wenn ich Babys und Kinder in dem Qualm sitzen sehe wehrt sich etwas in mir gegen diese Individualistenfreiheit des Rauchens. Boris, ein gebürtiger Serbe und Freund meiner Familie erzählt uns, dass in Serbien vor ein paar Jahren das Rauchverbot hätte eingeführt werden sollen aber die Serben sich in Scharen auf den Strassen gegen diese neue Wendung gewehrt hätten. Also weiterhin Qualm innen, Abgase aussen. Dass Belgrad eine Stadt für Autos und nicht für Fussgänger ist, merken wir auch an den wenigen Fussgängerstreifen. Um einen dieser gigantischen Kreiselverkehrsplätze zu umlaufen muss man zusätzlich noch einen halben Kilometer Umweg machen. Viele Serben wagen deshalb todesmutig die Strassenüberquerung an Orten ohne Fussgängerstreifen. Nach 3 Tagen in dieser Stadt fühlen wir uns ebenfalls mutig genug und folgen einer platinblonden Serbin über eine vielbefahrene Strasse. Ein Paar Meter weiter auf einem Trottoir sehe ich ein Polizeiauto, umringt von ca 4 Passanten. Ich denke mir nichts dabei. Bis ein Polizist aus dem Auto steigt und uns und die Blondine eher grob anhält, uns "Passport!" ins Gesicht brüllt und ich merke, dass ich meinen Pass im Hostel gelassen habe. Alex hat seinen zum Glück dabei. Der Polizist nimmt ihn mit zum Auto. Wir folgen brav, ohne Pass sind wir aufgeschmissen. Wir haben die Strasse an einem Ort ohne Fussgängerstreifen überquert. Das gebe eine Busse von 5000 Dinar pro Person, meint er. Mit uns stehen 5 weitere unglückliche Menschen um das Polizeiauto. Einer ist sehr erbost, fotografiert das Autokennzeichen, schimpft auf die Polizisten. Wir bleiben lieber mal nett. Der Polizist wird auch nett und senkt die Busse auf nur eine Person, da er ja nur einen Pass habe und halbiert die Summe noch dazu auf 2500 Dinare (etwa 35 Franken). Ausländerbonus vielleicht? Er will aber den Pass erst zurückgeben wenn wir die Busse bezahlt haben. Bei ihm direkt können wir das aber nicht, er schickt uns in eine Postfiliale wo wir anstehen und uns den Kopf zermartern, wie wir der eher älteren Dame hinter dem Tresen unser Vorhaben erklären wollen. Hoffentlich erkennt sie die Busse und weiss was zu tun ist. Ein Typ zwei Plätze vor uns in der Schlange hat einen ähnlichen Fötzel wie wir in der Hand. Ob wir ihn fragen sollen? Alles Bangen umsonst: die Frau spricht ziemlich gut englisch und muss auch ziemlich lachen, als sie uns sieht. "Ihr seid die dritten in den letzten 10 Minuten, die eine Busse einzahlen müssen!", meint sie. Die serbische Polizei hat also ihre Kassen wieder aufgefüllt. Nun gut, unser Fehler war es ja schon. Wir bringen den Beleg dem Polizisten und der gibt brav Alex' Pass zurück. Abenteuer überstanden. Beim Abendessen mit Boris (er lädt uns zu Speis und Trank ein, kutschiert uns in Belgrad herum zur Privat-Auto-Sightseeing-Tour und erzählt uns viel von seinem Land) meint dieser, dass er noch nie von dem Verbot und entsprechender Busse gehört habe. Alle laufen immer und überall über die Strasse. Es herrsche quasi das Recht des Schnelleren. Auch Fahrverbote werden nicht allzu ernst genommen, wenn gerade keine Polizeikamera herumhängt. Boris erzählt uns auch, dass das serbische Kaymak (eine Art Käsebutter, ein bisschen wie Clotted Cream aber salzig) die sie auf ihr Fleisch und auf ihr Brot streichen ihm in seinem langjährigen Aufenthalt in Australien am meisten gefehlt habe. Diesen Geschmack habe er mit nichts ersetzen können und sei so typisch für sein Zuhause. Wir fragen uns, welches kulinarische Stück Schweiz uns wohl fehlen wird. Bis jetzt fehlt uns noch nichts. Aber unsere Reise hat ja auch gerade erst angefangen!
Vu par Alexandre:
La campagne slavonne défile sous nos yeux dans le train qui nous emmène à Belgrade. Rien de spectaculaire, et il faut bien dire que le brouillard matinal n'aide pas. À la frontière, la douanière croate passe mon passeport biométrique dans sa machine, à la manière d'une carte de crédit. Constater que mon dossier Interpol est vierge la laisse de marbre. Le train avance de cent mètres et laisse quelques barbelés derrière lui. Un groupe de jeunes hommes zone à quelques mètres du 4x4 "Border Police" serbe. La citadelle de notre libre-circulation est bien gardée. Eux, ils attendent. Sans doute qu'ils ont l'habitude. Je ne sais pas d'où ils viennent, probablement de Syrie ou d'Afghanistan. Cette année à l'hôpital psychiatrique, j'ai entendu beaucoup d'histoires qui pourraient être les leurs. Des tristes, des affreuses, des insoutenables, des belles aussi. Le chapitre des barbelés de Schengen ne manque presque jamais. J'aimerais leur souhaiter quelques choses, mais que leur souhaiter? La douanière serbe interrompt mes pensées. Elle ne semble pas bénéficier de lecteur de puce biométrique. Elle ressort donc du train avec sa collection de passeports, qu'elle ramène quelques minutes plus tard dûment tamponnés. Mon dossier Interpol vierge ne la met pas plus de bonne humeur que sa collègue croate. Le train reprend sa route, à cette frontière ce n'est pas le paysage qui change, mais l'alphabet. Norina prend des cours de russe depuis quelques temps. Le moment est donc propice pour qu'elle m'apprenne l'alphabet cyrillique. Dans une heure, nous serons à Belgarde. В-Е-О-Г-Р-А-Д.
Le train nous dépose à la gare centrale de Belgrade, située à cinq kilomètres du centre-ville. Notre première décision dans cette ville n'est pas bonne: nous montons dans un faux taxi qui nous demande 2800 dinars (environ 30 francs suisses) pour le trajet en nous faisant descendre dans une ruelle à l'éclairage hésitant. Son taximètre a pourtant démarré au prix juste. Nous fixerons le prix à l'avance, dorénavant... Le "supplément" n'est pas cher payé compte tenu de son agressivité; cela ne m'empêche pas d'être absolument révolté pendant les heures qui suivent. "Voyageur" en herbe...
Notre auberge de jeunesse est un prototype du genre: dans notre dortoir, nous rencontrons: 1. Un Indien fraîchement arrivé qui téléphone en pleine nuit et qui a, lui, payé 5000 dinars dans un faux taxi; 2. Un Danois-Néo-Zélandais retraité dormant au milieu de ses appareils électroniques apprenant le russe pour enseigner l'anglais à Moscou; 3. Une Serbe suivant une formation de croupière pour aller travailler dans les maisons de jeux illégales de Lucerne pendant l'été; 4. Un Chinois qui attend un visa pour le Monténégro depuis quelques semaines; 5. Un Bengali vivant à Malaga nous recommandant fortement de passer par l'Afghanistan durant notre voyage et 6. Son pote afghan qui nous regarde avec des grands yeux et qui lance "No! Please don't go! Just don't go!". Ces deux-là sont à Belgrade à la recherche d'opportunités pour "faire du business" et communiquent ensemble en mélangeant plusieurs langues, mais principalement en ourdou (ce qui m'a d'abord surpris et nous ramène à la partition des Indes en 1947...). Au vu du délicieux curry qu'ils concoctent pour tous les clients, je leur recommande pour leur business plutôt le créneau gastronomique que d'ouvrir une agence de voyage...
À Belgrade, nous marchons beaucoup. Il fait beau et froid. Nous entrons dans les églises orthodoxes aux milles couleurs. Nous admirons la Save et le Danube qui confluent dans le calme. Nous nous asseyons dans le parc de la forteresse et regardons les retraités jouer aux échecs, bonnet sur la tête. Nous emplissons nos poumons du smog non-filtré dans le labyrinthe du centre-ville et de la fumée de cigarettes dans les cafés. Difficile de décrire Belgrade, belle, fière, sale, mélancolique. Européenne mais déjà un peu orientale. Son histoire de ville disputée et cent fois conquise transparaît; ici un mur romain, là une église byzantine, plus loin une mosquée discrète et le café qui se prépare "à la turque" en héritage des Ottomans. Et puis aussi Zemun, la mignonne petite soeur "autrichienne" à quelques kilomètres seulement, que nous rejoignons à pied... Aussi, quelques cicatrices des bombardements de l'OTAN en 1999, que de grands projets immobiliers tenteront de refermer. Je ne sais pas si la lumière d'hiver me trompe - rasante, jaune - mais Belgrade semble nostalgique. Boris, une connaissance de la famille de Norina, nous emmène boire un verre et élargit notre horizon. Certainement, Belgrade est nostalgique, elle qui fut la capitale d'un pays deux fois plus grand, comme en témoignent les bâtiments administratifs d'inspiration communiste qui sont aujourd'hui totalement surdimensionnés pour un pays de dix millions d'habitants. En été, les Serbes qui avaient leurs habitudes sur "leurs" plages du Monténégro optent désormais pour les îles grecques. Il nous montre aussi Novi Beograd, la Nouvelle-Belgrade, où il vit: moderne, quadrillée, priviligiée par les entreprises et les investisseurs, bien loin du labyrinthe du centre-ville.
Avant du quitter Belgrade, nous goûtons à la cuisine serbe, mariage d'influences slaves et orientales, dans le quartier de Skadarlija au son de musique traditionnelle. Ma Karadjorjeva šnicla (panade de steak roulé farcie au kajmak, un produit laitier entre beurre et fromage blanc) est plaisante; pour pour le menu végétarien de Norina, c'est une autre paire de manches. Surtout, nous trouvons encore le temps de prendre une amende de 2500 dinars pour avoir traversé à quelques mètres du passage pour piétons. Les Serbes râlent mais prennent aussi une amende. Le flic n'est pas méchant, mais sa petite troupe est bien organisée pour attraper tous les vils piétons récalcitrants pendant que les voitures grillent les feux rouges. Il ne parle pas bien anglais, mais je comprends bien qu'il gardera mon passeport tant que je ne lui aurai pas ramené un reçu de l'amende payée. Il nous indique aimablement un guichet de poste, et nous donne une heure. La postière nous sourit, et nous fait comprendre que nous sommes les troisièmes au cours des dix dernières minutes... Quelques instants plus tard, délestés de 2500 dinars, nous avons à nouveau nos passeports en poche. Demain, nous prenons le bus pour Sofia.